Offener Brief:
„Ersuchen um Hilfe für Flüchtlinge
und Aktive Friedenspolitik“
Der Offenen Brief, der die Verantwortlichen aufruft Flüchtlingen zu helfen und eine aktive Friedenspolitik anzustreben, wurde von uns am Donnerstag, den 9. April 2020, an einige Mitglieder der Regierung und zur Kenntnisnahme an den Bundespräsidenten geschickt.
Offener Brief an:
Bundeskanzler Sebastian Kurz
Vizekanzler Mag. Werner Kogler
Außenminister Mag. Alexander Schallenberg
Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner
CC Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen
Wien, 9. April 2020
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister!
Wir sind uns bewusst, in welch schwierigen Zeit wir leben und vor welch großen Herausforderungen die österreichische Bevölkerung und die Bundesregierung stehen. Wir bedanken uns für alle Bemühungen von Seiten der Regierung zur Eindämmung dieser schlimmen Pandemie sowie deren Folgekosten für die österreichische Bevölkerung.
Nichtsdestotrotz sind wir zutiefst schockiert und empört angesichts der Verantwortungslosigkeit und Untätigkeit von Seiten der Bundesregierung und von Seiten der Europäischen Union in Bezug auf die verzweifelte Situation der Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze, auf den griechischen Inseln und in der Balkanregion. Gerade angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie wäre die Evakuierung der Flüchtlinge nicht nur das humanitäre Gebot der Stunde, sondern auch die vernünftigste Maßnahme zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus. Die Europäische Union verabschiedet sich mit diesem Nichtstun wohl nun endgültig von ihrem Anspruch als “Wertegemeinschaft”. Wir sind der Meinung, dass es sich um keine “Flüchtlingskrise” handelt, sondern um eine Krise der Politik – namentlich der Kriegspolitik, die leider auch von der Europäischen Union mitverursacht wird.
Wir ersuchen Sie dringend, folgende Maßnahmen vorzunehmen:
- Solidarität mit Griechenland: Finanzielle Unterstützung allein ist nicht genug. Die Flüchtlinge müssen von den griechischen Inseln evakuiert werden. Österreich muss hier ein deutliches Zeichen der Humanität und der Wahrung der Menschenrechte setzen und Flüchtlinge aufnehmen, ungeachtet dessen, ob auch andere EU-Länder dazu bereit sind.
- Auch in Bosnien ist die Situation sehr vieler Geflüchteter katastrophal. Wir erwarten, dass die österreichische Bundesregierung auf diese Situation innerhalb der EU aufmerksam macht und selbst tätig wird, um die Situation der Flüchtlinge wesentlich zu verbessern.
- Mehr Transparenz: Durch eine Aufklärung der Bevölkerung über die tatsächlichen Flüchtlingsbewegungen auf der Welt würde die allgemeine Akzeptanz für ankommende Flüchtlinge sicher verbessert werden.
- Bekämpfung der Fluchtursachen: Umsetzung einer umfassenden, neutralen und aktiven Friedenspolitik in Österreich, die auf Ausgleich, Vermittlung, Abrüstung, Rüstungskonversion, ein Ende des Waffenhandels und der weltweiten Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung setzt. Österreich nimmt im Bereich der Abrüstung bereits eine Vorreiterrolle ein, die Einführung eines Zivilen Friedensdienstes, wie im Regierungsprogramm 2020 – 2024 zur Überprüfung festgeschrieben, würde einen weiteren wegweisenden Schritt in Richtung Friedenspolitik darstellen. In diesem Sinne sollten auch alle Militarisierungsschritte der Europäischen Union zurückgewiesen werden.
Wir halten die vorgeschlagenen Punkte für die zukünftige politische Ausrichtung Österreichs nicht nur im Sinne einer humanistischen und menschenrechtlichen Grundhaltung für richtig, sondern auch ganz pragmatisch als unabdingbar, um zukünftige Generationen und Regierungen für kommende Krisen fit zu machen. Die derzeitige Corona-Krise wird hoffentlich ein baldiges Ende finden, Kriege und die Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschen werden bleiben. Der Einsatz für deren Beseitigung könnte von der Bundesregierung als tolles Vorzeigeprojekt in Angriff genommen werden. Unsere Generation soll nicht als diejenige in die Geschichte eingehen, die es verabsäumt hat, die Erde als lebenswerten Raum zu erhalten. Wir wünschen Ihnen trotz der schwierigen Situation ein gesegnetes Osterfest und hoffen, dass die Osterbotschaft in das politische Handeln Einzug findet.