Leitbild des Vereines
Internationaler Versöhnungsbund – österreichischer Zweig
Beschlossen auf der Mitgliederversammlung des IVB-ÖZ am 24. u. 25. 10. 2015
Unsere Vision
Der Versöhnungsbund strebt eine Welt an, in der die Achtung vor dem Leben und die Würde, Freiheit und Individualität jedes Menschen im Zentrum von Gesellschaft und Politik stehen und aktive Gewaltfreiheit als Handlungsprinzip verwirklicht ist. In dieser vom Versöhnungsgedanken geleiteten Welt werden unterdrückende und menschenverachtende Strukturen und Ideologien durch eine Kultur des Friedens, gewachsen aus religiösen und humanistischen Traditionen, abgelöst.
Unser Auftrag
Als Teil der internationalen Friedensbewegung arbeitet der österreichische Versöhnungsbund aktiv gewaltfrei für einen gerechten und nachhaltigen Frieden.
Leitbild
Einleitung
Der Internationale Versöhnungsbund wurde in den Augusttagen 1914 – fast zeitgleich mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs – gegründet.
Die Gründer/innen bezogen klar Stellung gegen Krieg und jede Form von Gewalt und waren erfüllt von der Vision einer menschlichen Gesellschaft, die auf dem Weg der Gewaltfreiheit und der Versöhnung ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit verwirklicht. Ihre Inspiration erhielten die Friedensstifter/innen aus dem christlichen Gebot der Nächstenliebe und der Feindesliebe.
Dem radikalen Engagement für diese Gründungsvision und der Treue vieler Frauen und Männer auf der ganzen Welt zu ihr verdankt der Versöhnungsbund seine Dynamik, Vielfalt und Lebenskraft bis zum heutigen Tag.
Von Anfang an war das Vertrauen in die verwandelnde Kraft der Wahrheit und der Liebe, die wir in allen Religionen und humanistischen Traditionen finden, in der Bewegung gegenwärtig. Sie ist die Quelle für die positive Kraft auf Gewalt zu verzichten und inspiriert uns, Krieg und Gewalt zu überwinden und für das Recht und die Würde der Menschen einzustehen.
1) Aktive Gewaltfreiheit ist der Weg und das Ziel
Die Mitglieder des Versöhnungsbundes bekennen sich zur aktiven Gewaltfreiheit als Grundlage in allen Lebensbereichen. Wir streben an aus der Kraft der universalen Liebe und dem Respekt vor dem Leben zu handeln. Spiritualität und Humanismus verbinden wir mit dem Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit.
- In Konflikten suchen wir nach gerechten Lösungen, welche die Bedürfnisse und Interessen aller Beteiligten berücksichtigen.
- Wir bemühen uns um eine Kultur des Dialogs und der gegenseitigen Verständigung.
- Für die Überwindung von Unrecht und Gewalt kommen ausschließlich gewaltfreie Mittel zum Einsatz, wie sie in der langen Tradition des gewaltfreien Widerstands erarbeitet wurden und ständig weiterentwickelt werden.
2) Kultur des Friedens
Mitglieder des Versöhnungsbundes sehen sich einer Kultur des Friedens, der Freiheit und der Menschenwürde verpflichtet.
- Wir fordern die Abschaffung des Krieges und das Ende der Produktion von Kriegswaffen aller Art.
- Wir verweigern die Beteiligung an jeder Form von Kriegs- und Militärpolitik und treten für eine aktive, gewaltfreie Friedenspolitik ein.
- Wir fordern die Ächtung von Gewalt und bewaffnetem Kampf zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte.
- Wir setzen uns für ein weltweites, solidarisches und auf das Wohl aller Menschen ausgerichtetes Wirtschaftssystem, eine nachhaltige Lebensweise im Einklang mit der Mitwelt und eine globale verantwortungsvolle Verwendung von Ressourcen ein.
- Wir kämpfen für eine aktiv gewaltfreie, friedensorientierte, lebens- und menschenfreundliche Politik, in der Solidarität und gleichberechtigte Partizipation zählen.
- Wir setzen uns für die Durchsetzung der universellen Menschenrechte und den Respekt gegenüber individuellen und gesellschaftlichen Lebensweisen ein.
3) Was wir tun
Der Versöhnungsbund orientiert sein Tun an den Quellen und Beispielen aktiver Gewaltfreiheit sowie an den aktuellen Erkenntnissen der Friedenswissenschaft und – vor allem anderen – an Erfordernissen und Notwendigkeiten der gegenwärtigen Gesellschaft.
- Wir schaffen Möglichkeiten der Begegnung und des Dialogs mit dem Ziel, die persönliche Friedensfähigkeit zu entdecken und das gesellschaftsrelevante Potenzial aktiver Gewaltfreiheit zu erfahren und politisch zu realisieren.
- Wir fördern das Entdecken der spirituellen und humanistischen Wurzeln des Friedens und der Gewaltfreiheit in den verschiedenen Kulturen, Weltanschauungen und Religionen und die gemeinsame spirituelle Stärkung in der Grundhaltung der Gewaltfreiheit.
- Wir schärfen das persönliche und das öffentliche Bewusstsein für Gewalt und Unrecht. Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf tief verwurzelte strukturelle und kulturelle Gewaltmuster sowie auf unsere eigene Beteiligung am bestehenden Unrecht.
- Wir initiieren lokale, regionale und internationale Aktionen, Projekte und Programme, die den Aufbau einer Kultur des Friedens fördern und beteiligen uns daran.
- Wir „experimentieren mit der Wahrheit“ (M. Gandhi), indem wir kreative und konstruktive gesellschaftliche und politische Modelle entwickeln, die auf gleichberechtigten Beziehungen beruhen.
4) Grundlagen der Zusammenarbeit im Versöhnungsbund
Der „Internationale Versöhnungsbund – Österreichischer Zweig“ ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Aufgaben durch die Mitglieder, thematische oder regionale Arbeitsgruppen, das Sekretariat in Wien und den Vorstand ausgeführt werden. Er finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Förderungen und sonstige Zuwendungen von Privatpersonen und öffentlichen Stellen.
Die Grundlage der aktiven Gewaltfreiheit als Weg und als Ziel ist auch für die Art und Weise unserer Zusammenarbeit nach innen und nach außen Leitbild und Maßstab. Wir wollen unsere Prinzipien, an denen wir unser Handeln orientieren, im Umgang miteinander, mit Partner/innen sowie anderen Organisationen verwirklichen.
Nach innen:
- Partizipation und Teilhabe: Im Zusammenwirken von Mitgliedern, Vereinsgremien und aktiv Mitarbeitenden (Freiwilligen und Angestellten) strebt der Versöhnungsbund eine umfassende und gleichberechtigte Teilnahme aller an den Aktivitäten und Entscheidungen des Vereins an – ohne Unterschied von Geschlecht, Religion oder Weltsanschauung, ethnischer, sozialer oder politischer Herkunft usw. In diesem Sinne wird beispielsweise die Geschäftsordnung des Vereins im Konsens aller Beteiligten beschlossen.
- Gewaltfreie Konfliktbearbeitung: Auftretende Konflikte innerhalb des Versöhnungsbundes sehen wir als Anstoß für mögliche Veränderungen und bearbeiten sie konstruktiv im Sinne der aktiven Gewaltfreiheit.
- Konsensprinzip: Für Entscheidungen auf und zwischen allen Vereinsebenen gilt das Konsensprinzip, d.h. dass Entscheidungen grundsätzlich durch Konsens aller jeweils Betroffenen getroffen werden. Sollte dies nach ernsthaften und ausdauernden Bemühungen und trotz Anwendung verschiedener Konsensfindungsmodelle nicht möglich sein, können in Ausnahmefällen einfache Mehrheitsentscheidungen getroffen werden. Dabei ist uns die Entwicklung und Pflege einer Konsenskultur im Versöhnungsbund wichtig.
Nach außen:
Wir verwirklichen unsere Vision und unsere Ziele nur gemeinsam, in Zusammenarbeit, Austausch und Solidarität mit Gleichgesinnten und im Dialog mit Andersdenkenden. Deshalb arbeitet der Versöhnungsbund in Netzwerken, mit Partnerorganisationen und anderen gewaltfreien bzw. friedenspolitischen Organisationen in Österreich und international zusammen.
- Der österreichische Versöhnungsbund ist ein Zweig des International Fellowship of Reconciliation (IFOR), dem Zusammenschluss von rund 60 Voll- und assoziierten Mitgliedern weltweit. In diesem Rahmen nimmt der österreichische Versöhnungsbund auch die Aufgabe der Repräsentation von IFOR bei den Vereinten Nationen sowie im NGO Committee on Peace in Wien wahr.
- Zur Verwirklichung seiner Arbeitsfelder, Programme und Projekte arbeitet der Versöhnungsbund mit Partnerorganisationen in Österreich (z.B. Pax Christi, Diakonie Austria, amnesty international, IPPNW-OMEGA) und international (z.B. FOR Peace Presence in Kolumbien, Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina und Israel, Centre for Nonviolent Action Sarajewo und Belgrad) langfristig oder projektbezogen zusammen.
- Am politischen Dialog zur Förderung ziviler Konfliktbearbeitungs-Maßnahmen in der österreichischen Politik nimmt der Versöhnungsbund als Mitglied der Austrian Peacebuilding Platform teil. Die APP ist eine Plattform von staatlichen und nicht-staatlichen Akteur/innen.
- Weiters ist der Versöhnungsbund Mitglied bei Abolition 2000, der Control Arms Campaign und der Internationalen Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen (ICAN).
- In gemeinsamen friedenspolitischen Stellungnahmen mit anderen Organisationen bringen wir den Aspekt der aktiven Gewaltfreiheit zu jeweils konkreten Themen ein.
- Für die Finanzierung einzelner Programme und Projekte arbeiten wir mit staatlichen und nicht-staatlichen FördergeberInnen unter Berücksichtigung unseres Leitbildes zusammen.