Der Plan für das Leben, wie der Interethnischen Rundtisch für den Frieden von Blanquita Murrí, Frontino, Antioquia[1] seinen selbst entwickelten Leitfaden zu einem friedlichen, kollektiv ausgerichtetem Leben im Territorium nennt, soll den Weg für ein würdiges Leben für die Bewohner:innen der Region in Einklang mit ihrer Umgebung ebnen. Dies ist ein großes Vorhaben in einem Gebiet, das seit Jahrzehnten vom bewaffneten Konflikt betroffen ist.
Gerade deshalb entwickelte der Interethnische Rundtisch die Idee eines vorerst physischen Ortes – mit humanitärem Charakter, der als Ort der Begegnung, als Ort der Gespräche um und für den Frieden dienen soll. Der Ort soll auch der Praxis des gemeinschaftlichen Landbaus zur Stärkung der Ernährungssouveränität dienen und somit die Gemeinschaft stärken, und auch das Verbleiben im Territorium bei eventuellen Bedrohungen erleichtern. Ein “Mutter-Haus”, das eine geschützte Umgebung bieten soll.
Der Weg dahin war schwierig, aber nach mehreren Treffen mit verschiedenen Botschaften und unzähligen Arbeitsstunden, Schweiß und gemeinsamen Durchhalten hat es der Rundtisch geschafft: Am 9. Mai 2023 konnte das “Casa Madre” eröffnet werden. Ein “Mutter-Haus” – wie eine Mutter, wie ein Mitglied des Rundtisches stolz bei der Eröffnung erzählt. Graswurzelprozesse aus verschiedensten Teilen Kolumbiens, wie zum Beispiel die Friedensgemeinde von San José de Apartadó oder die Dorfgemeinschaft von San José de León, die der österreichische Versöhnungsbund auch begleitet, wurden zur Eröffnung eingeladen, und es fand ein reger Austausch über verschiedenste Herausforderungen und möglichen gewaltfreie Handlungsweisen, der Präsenz bewaffneter Gruppen in großen Teilen Kolumbiens zum Trotz, statt.
Internationale und nationale Gäste, wie Vertreter:innen des UN- Hochkommissariat und der UN-Verifikationsmission, des nationalen Hochkommissariats für Frieden und der nationalen Landrückgabestelle, waren bei der Eröffnung vertreten. Der Andrang aller drei Bevölkerungsgruppen – Indigene, Afrokolumbianer:innen und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern war riesig. Die multispirituelle Einweihung, verbunden mit dem symbolischen Akt, dem Verflechten dreier Bänder, die die Bevölkerungsgruppen darstellten, gaben ein eindrückliches Zeugnis des tiefen Wollens eines friedlichen und würdigen Zusammenleben ab.
[1] Der Versöhnungsbund begleitet den Interethnischen Rundtisch für den Frieden von Blanquita-Murrí seit 2019.