Menschliche statt militärischer Sicherheit
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag es im Interesse der beiden Weltmächte UdSSR und USA, Einfluss im sogenannten „Globalen Süden“ zu gewinnen. So überraschte Harry Truman bei seiner zweiten Antrittsrede die Weltbevölkerung mit dem „Point Four Program“, welches Freiheit mit Entwicklungshilfe in Zusammenhang brachte: mehr Produktion und Hilfe für die Ärmsten der Armen sollen zu Wohlstand und Demokratie in den „unterentwickelten“ Regionen beitragen. Obwohl diese Hilfe ursprünglich in Form von Wissensaustausch gelingen sollte, leben heute noch immer 1,3 Milliarden Menschen in extremer Armut. Doch eine Frage stellt sich: waren diese Regionen tatsächlich unterentwickelt, oder war dieser Begriff von den zwei Weltmächten auferlegt? Es ging nämlich nie darum, den Menschen beim Aufbau ihres Lebens nach ihren eigenen Vorstellungen zu helfen, sondern die Menschen mit einer Fortschrittsvorstellung á la Europa und USA zu indoktrinieren, was zu einer hohen Verschuldung vieler Staaten führte.
Noch weit weg von einer gemeinsamen Entwicklung schafft es Österreich immer noch nicht, adäquate Entwicklungshilfe bereitzustellen. Zwar erhöhte Österreich 2022 seine Entwicklungshilfeleistungen auf 0,39 Prozent des Bruttonationaleinkommens, vom international vereinbarten Ziel von 0,7 Prozent ist das Land noch weit entfernt. Vergleichbare Länder haben im letzten Jahr zum wiederholten Male das 0,7%-Ziel übererfüllt.
Im Rahmen der Vereinten Nationen gelang mit den 2015 mit der von allen Staaten angenommenen Agenda 2030 ein großer Wurf. Sie ist ein gemeinsames Konzept aller Staaten für Frieden und Wohlstand. Kernstück sind die Sustainable Development Goals, welche 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung umfassen. Auch Österreich verpflichtet sich bei dieser Vision der Mitgliedsstaaten der UNO, globale Probleme global anzugehen und nicht nur innerhalb der westlichen Hemisphäre. Hier geht es neben Armutsbekämpfung um Gesundheit, sauberes Wasser, saubere Energiegewinnung, nachhaltige Städte, Innovation und auch um Frieden. Rechtsstaatlichkeit, Verringerung von Gewalt, Beendigung des Missbrauchs von Kindern, die Eliminierung von Korruption und die „Teilhabe der Entwicklungsländer an den globalen Lenkungsinstitutionen“ sind hier als Unterziele festgelegt. Dass vom Ziel der „Ankurbelung des Wirtschaftswachstums“ – das Kernstück des Kapitalismus – nicht abgegangen wurde, zeigt, dass die Staaten die wesentlichen Probleme dieses Wachstums nicht verstanden haben oder ignorieren.
Anlass zur Hoffnung gibt auch die UN-Resolution der Generalversammlung vom 23. November dieses Jahres zur zukünftigen internationalen Steuerpolitik, mit der erstmals alle Staaten gleichberechtigt über die künftige internationale Steuerpolitik und ein faires, globales Steuerabkommen verhandeln könnten. Die Resolution wurde trotz des heftigen Widerstands der OECD-Länder verabschiedet, die bisher die Steuerregeln im eigenen Interesse gestalten konnten. Auch Österreich stimmte gegen die Resolution.
Die Menschen des Globalen Südens dürfen nicht mehr als die Peripherie der reichen Staaten angesehen werden, sondern als ebenbürtige Partner*innen im Bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit. Es gibt zwar viele Lippenbekenntnisse, doch die Handlungen der reichen Staaten sind meist nur zugunsten des eigenen Vorteils.
Im Dezember 2023 präsentiert der österreichische Versöhnungsbund unter dem Titel „Frieden? – Aber sicher!“ einen Adventskalender als Setzkasten für den Frieden, ein Mosaik von militärischen und gesellschaftlichen Baustellen und gewaltfreien Lösungsansätzen für die Zukunft: www.versoehnungsbund.at/adventkalender