Selbstverständnis
Der Versöhnungsbund ist eine Vereinigung von Menschen, die sich aufgrund ihres religiösen Glaubens oder ihrer humanistischen Grundhaltung zur Gewaltfreiheit als Lebensweg und als ein Mittel persönlicher, sozialer und politischer Veränderung bekennen.
Auf der Grundlage einer politischen Spiritualität und der Aktiven Gewaltfreiheit als Lebensprinzip arbeiten wir an der umfassenden persönlichen und gesellschaftlichen Befreiung.
1. Politische Spiritualität
Unsere Spiritualität gibt uns die Kraft zu gewaltfreiem Handeln und zum Durchhalten von Konfliktsituationen, auch wenn das angestrebte Ziel unerreichbar fern scheint. Wir erfahren sie unter anderem in persönlicher Meditation, Reflexion und im Gebet wie auch in Gruppen und bei gemeinsamen Aktionen.
Unter politischer Spiritualität verstehen wir die Verbindung unsere Glaubens oder unserer humanistischen Grundhaltung mit dem Leben im Alltag im persönlichen und gesellschaftlichen Bereich.
Die Würde und Veränderbarkeit des Menschen als Ausgangspunkt und die Befreiung von Gewalt und Unterdrückung als Ziel sind der Kern, in dem sich religiöse und humanistische Grundhaltungen treffen.
Derzeit beziehen viele unserer Mitglieder die Motivation für ihr Engagement aus dem christlichen Glauben. Wir sind jedoch offen für alle Menschen, die Gewaltfreiheit anstreben, und suchen die Zusammenarbeit mit ihnen.
2. Aktive Gewaltfreiheit als Lebensprinzip zur umfassenden Befreiung
Wir gehen davon aus, daß alle Menschen in Feiheit und gleich an Würde und Rechten geboren sind und streben eine friedvolle und gerechte Gesellschaft an.
Diese ist gekennzeichnet durch Rücksichtnahme auf die Schwächeren:
– durch eine Wirtschaftsordnung, die die Grundbedürfnisse aller Menschen befriedigt;
– durch eine soziale Ordnung, in der alle Menschen in Würde leben können und in der die Suche nach der Wahrheit die politischen Entscheidungen leitet.
In diesem Sinne versuchen wir, sowohl im persönlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich, nach den Prinzipien der aktiven Gewaltfreiheit zu leben, Konflikte aufzudecken, gewaltfrei zu lösen und einen sorgsamen Umgang mit der Natur zu pflegen.
Charakteristisch für aktive Gewaltfreiheit ist:
a) eine umfassende Analyse, die die eigene Beteiligung miteinschließt
b) Ziel des Einsatzes ist eine gerechte Lösung, welche die Interessen aller Betroffenen berücksichtigt
c) Wichtiges Kennzeichen für Gewaltfreiheit ist daher der dauernde Dialog mit den Gegnern
d) Ziel und eingesetzte Mittel sind in jedem Stadium der Auseinandersetzung vereinbar
e) Der konstruktive Änderungsvorschlag wird immer wieder ausgesprochen und gelebt, die gerechte Lösung dadurch verdeutlicht und vorgestellt.
Der österreichische Zweig des Versöhnungsbundes ist Teil der internationalen gewaltfreien Bewegung für eine gerechtere Welt. Wir versuchen, die Bedürfnisse und Interessen unserer unterdrückten Schwestern und Brüder in aller Welt in unsere Arbeit in Österreich einzubringen und fühlen uns mit ihnen solidarisch.
3. Grundsätze der Vereinsarbeit
Jedes Mitglied hat die Möglichkeit, die Aktivitäten des Versöhnungsbundes mitzugestalten und ist eingeladen, gemäß ihren/seinen Interessen und Fähigkeiten mitzuarbeiten.
Für Entscheidungen gilt das Konsensprinzip, d.h., daß Entscheidungen auf allen Ebenen grundsätzlich durch Konsens aller Anwesenden getroffen werden. Sollte dies nach ernsthaften und ausdauernden Bemühungen und trotz Anwendung verschiedener Konsensfindungsmodelle nicht möglich sein, entscheidet die einfache Mehrheit bei einer Abstimmung.
In allen Vereinsgremien streben wir eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter an.
(beschlossen bei der Mitgliederversammlung am 22.Oktober 1989)